Wiener Kammerchor

La Betulia liberata

Oratorium (1772) von Florian Leopold Gassmann (1729–1774)
Libretto: Pietro Metastasio

Viktorija Bakan
Vladinir Dmiturk
Tobias Greenhalgh
Jakob Hupmann
Natalia Kawalek-Plewniak
Cigdem Soyarslan


Wiener Kammerchor, Ltg. Michael Grohotolsky
Bach Consort Wien
Rubén Dubrovsky, musikalische Leitung



Der österreichische Komponist Florian Leopold Gassmann trat 1771 für die Gründung der Tonkünstler-Sozietät ein, die Musikveranstaltungen für die Öffentlichkeit in Wien organisieren und sich zudem um Witwen und Waisen verstorbener Mitglieder der Vereinigung annehmen sollte. Das von ihm komponierte und am 19. März 1772 uraufgeführte Oratorium La Betulia liberata war die erste Aufführung der neugegründeten Sozietät.

Hierbei griff Gassmann auf ein Libretto Pietro Metastasios zurück, das u.a. auch von W. A. Mozart vertont wurde und insbesondere das Wiener Publikum an eine Ereignis erinnerte, das sich wie kaum ein anderes dem kollektiven Gedächtnis eingegraben hatte: die Befreiung der Stadt von der Belagerung durch die Türken 1683 (Text: Theater an der Wien).



Gassmanns La Betulia Liberata

Es gibt rund 80 Oratorien, die das Judithbuch als Thema beinhalten. In Wien hatte damals diese Handlung eine Sonderstellung, da Judith oft mit Maria Theresia assoziiert wurde. Beide waren angezweifelte Heldinnen, schön, sehr religiös, ihren Ehemännern ergeben, bei deren Tod am Boden zerstört und in Bereichen tätig, die sonst üblicherweise nur Männern vorbehalten waren. Gassmann wählte das Libretto nicht ausschließlich aufgrund der Popularität und den parallelen zur Persönlichkeit Maria Theresias, sondern auch wegen Metastasios außergewöhnlicher Dramatik.

Das Libretto gab den Stoff für ein Oratorium, das sehr nahe an der Oper liegt. Gassmann schuf damit ein Werk, das als ein hervorragendes Beispiel für den Übergang zur Wiener Klassik steht. Viele Elemente sind zu finden: Die Figuren werden über klar gezeichnet, so, dass auch Zuschauer folgen können, die der Italienischen Sprache nicht mächtig sind. Die Streicher „weinen“ zum Wort "Pianto", Tremoli ertönen wenn von Feuer die Rede ist. Und als von Holofernes' Ableben berichtet wird, verstummt auch das Orchester kurz.

Außer dem theologischen Diskurs sind die Recitativi accompagnati, die als Arien ausgeführt sind, nicht alle in reiner Da Capo Form, sondern werden manchmal entweder komprimiert oder verkürzt, um die dramatische Aktion fließender vorwärts zu bringen. Der Chor unterbricht Gebete und Dialoge mit lauten Rufen, womit er sehr realistisch eine wütende Meute repräsentiert. Das Finale ist sehr komplex, es beinhaltet sowohl Soli als auch Duette oder Tuttistellen. Wahrscheinlich ist dies ein Beispiel des Bestrebens Gassmanns, im Finale der Opera Buffa das Sängerensemble einzubringen.

La Betulia Liberata ist eines der spannendsten Werke dieser Zeit, geschaffen von einem brillanten Komponisten am Wiener Hof, der damit den Übergang zur Vorklassik einleitete.

Weitere Informationen finden Sie auf der Website des Theater an der Wien