Wiener Kammerchor

W. Byrd - Mass for five Voices

Der Wiener Kammerchor darf im Zuge der Gestaltung des Hochamtes im Wiener Stephansdom die Mass for Five Voices von William Byrd zur Aufführung bringen. Es gehört zu einem Verbund von 3 lateinischen Messen für drei, vier und fünf Stimmen aus dem England des späten 16. Jahrhundert.

Die fünfstimmige Messe ist die längste und klanglich reichste der drei. Vier der fünf Messesätze beginnen mit dem gleichen soggetto, einem Thema im phrygischen Kirchenton, das an das Lutherlied Aus tiefer Not schrei ich zu dir bzw. dessen gregorianische Vorlage erinnert.Man hat es offensichtlich mit einer Messe der Buße und demütigen Bitte um Gnade zu tun. Kyrie, Et in terra pax, Patrem omnipotentem und Agnus Dei beginnen alle mit der phrygischen Initialmelodik. Ausgenommen ist das Sanctus, das sein eigenes Thema erhält. Nach dem extrem komprimierten Kyrie ist auch das Gloria mit fünf Minuten gerafft. Zwei massive Außenteile umschließen das zarte Domine Deus Agnus Dei, dessen aufgelichteter Kontrapunkt Byrds religiöser Inbrunst das schönste Zeugnis ausstellt. Im Quoniam ist die Stelle „tu solus altissimus“ besonders hervorgehoben, ein Fingerzeig darauf, dass Byrds katholische Zuhörer den kirchlichen Primat der englischen Königin nicht anerkannten.

Höhepunkt der Messe ist das fast zehnminütige Credo, wodurch sie zu einer Art „Credo-Messe“ wird. Auch darin ist ein katholisches Bekenntnis verborgen, nämlich zum Symbolum Nicenum der römisch-katholischen Kirche und zu ihrer Trinitätslehre. Die Stimmführung hebt die drei Personen der Trinität eindrucksvoll hervor: Gottvater als Weltenschöpfer durch massive Stimmschichtung, den Sohn durch zarteren, melismatischen Satz, der bei „Qui propter nos homines“ beginnt und das Incarnatus einschließt (besonders schön das Melisma auf „homo factus est“); den Heiligen Geist durch ein eigenes soggetto, das von den tiefen Stimmen durchgeführt wird und einen besonderen Akzent auf das Wort „vivificantem“ legt. Crucifixus und Et unam sanctam catolicam ecclesiam sind als sogenanntes Noema durch Akkordsatz hervorgehoben. Der Sinn der letzteren Stelle liegt im politischen Zusammenhang auf der Hand.

Im Sanctus entsteht aus dem Gerüstsatz zweistimmiger Phrasen nach und nach das Gebäude des himmlischen Lobgesangs. Das Benedictus ist durch Dreistimmigkeit und ausdrucksvolle Motive (nomine Domini) herausgehoben.

Mit dem Agnus Dei hat Byrd ein Meisterwerk sparsamer Stimmführung geschaffen. Das soggetto wird zunächst von drei, dann von vier Stimmen durchgeführt, schließlich von vollen Akkorden des Chors verdrängt. Die fallenden Linien bei „miserere nobis“ mit ihren schon barocken Vorhaltsharmonien und das zarte Dona nobis pacem weisen voraus ins 17. Jahrhundert

Mitwirkende

Wiener Kammerchor

unter der Leitung von

Michael Grohotolsky